Nimmt man sich vor, etwas über die gesetzliche Rentenversicherung zu schreiben, kommt man um den Satz „Die Rente ist sicher“ nicht herum. Kaum ein politisches Statement brannte sich so in die Köpfe ein, wie dieses Versprechen von Norbert Blüm im Jahr 1986. Und auch heutzutage hält man politisch an einem fragilen, gesetzlichen Altersvorsorgesystem fest, anstatt es an die neuen Gegebenheiten anzupassen.
Die große Koalition pflegt stets zu sagen, dass die vergangenen Regierungsjahre vor allem wirtschaftlich sehr erfolgreich waren. Aber ist das wirklich so? Aus unserer Sicht wurden einige Themen schlichtweg ausgesessen und nicht reformiert. Das so wichtige Zukunftsthema der Altersvorsorge gehört mit Sicherheit zu diesem Themenblock. Seit vielen Jahren wissen wir, dass die gesetzliche Rentenversicherung in Zukunft nicht mehr genug für alle Beitragszahler abwerfen wird. Dies liegt zum Großteil an der Altersstruktur in Deutschland, die auch durch höhere Geburtenraten heutzutage nicht mehr geändert werden kann. Ein System, in dem junge Leute die alten mitfinanzieren, kommt dann natürlich an seine Grenzen. Auch ohne tiefergehende Kenntnisse in diesem Bereich kommt man schnell auf den Gedanken, dass eine Rentenreform nicht die allerschlechteste Idee gewesen wäre. Mittlerweile scheint dies auch in der großen Koalition ein Thema zu werden. Eine neu gewählte Kommission wurde eingesetzt, um die Zukunft der Rente zu sichern – ob politische Gremien hierzu in der Lage sind, bleibt erstmal dahingestellt.
Natürlich wollen wir den Politikern nicht unterstellen, dass sie sich dem Ernst der Lage nicht bewusst sind. Bei tiefergehenden Recherchen kann man jedoch leicht auf die Idee kommen, dass es schlichtweg zu spät ist, noch große Reformen an den Start zu bringen und man nur mit der Zeit spielt, um einer gesetzlichen Mindestrente den Weg zu bereiten. Ein weiteres Indiz für eine tiefergehende Ignoranz bei diesem Thema ist, dass die betriebliche Altersvorsorge immer noch systematisch gegenüber der gesetzlichen benachteiligt wird. Nicht zuletzt, weil bei Auszahlung Krankenkassenprämien fällig werden, die vielen Anlegern weder bewusst sind noch fair erscheinen werden.
Die Politik hat sehr wohl erkannt, dass es ohne die private Vorsorge nicht klappen wird, im Alter den Wohlstand zu sichern – ein Umdenken muss stattfinden. Aber gerade in Deutschland ist das leichter gesagt als getan. Der deutsche Michel mag sein Festgeldkonto, die Bundesanleihe und die Lebensversicherung, weil auch gerade historisch damit sehr gute Renditen erzielt worden sind. Mit Blick nach vorne wird dies definitiv nicht mehr möglich sein, da im Niedrigzinsumfeld auf die genannten Anlagen eigentlich keine Zinsen mehr gezahlt werden. Damit fällt für diese Investments auch der Zinseszinseffekt weg, der so wichtig ist, um langfristig Vermögenswerte aufzubauen.
In einer Berechnung der Geldvermögen pro Kopf wird deutlich, dass Deutschland hier vielen Ländern sehr stark hinterher hängt. So befinden wir uns weltweit nur auf Platz 18 und mit unserem immer noch sehr defensiven Anlageverhalten sieht es tendenziell so aus, dass wir noch weiter abrutschen werden. Vor uns befinden sich Länder, von denen man wahrscheinlich erwartet hat, dass das Vermögen pro Kopf höher ist. Hier sind z.B. die Schweiz und Dänemark zu nennen. Aber auch Italien, die Niederlande, Taiwan und Belgien stehen auf dieser Liste höher als Deutschland. Ein Beispiel: Während wir in Deutschland auf ein Nettovermögen von 49.760 Euro pro Kopf kommen, entfallen in Belgien 92.080 Euro auf jeden Einwohner. Übrigens mit einer deutlich geringeren Sparleistung, als sie der durchschnittliche Bundesbürger hierzulande aufbringt.
Es gibt aber auch gute Nachrichten, die Ihnen als aufmerksamem Leser unseres Blogs wahrscheinlich mittlerweile sehr bekannt vorkommen: Eine breite Aufstellung, die einen Großteil in Aktien investiert, ist gerade für junge Menschen das einzige Mittel, langfristig ein Vermögen aufzubauen und auch den Zinseszins {nicht mehr mit Zinsen, sondern vielleicht mit Dividenden} zu nutzen. Aus unserer Sicht sind Aktien viel besser als ihr Ruf in Deutschland. Sie machen nämlich aus Sparern Eigentümer am Produktivvermögen der Gesellschaft. Es gibt viele Länder, die dies bereits erkannt haben. Ein gutes Beispiel ist Norwegen. Der norwegische Staatsfonds ist der größte Staatsfonds der Welt und investiert 70% des Geldes, das der Altersvorsorge der Norweger dient, in Aktien.
Wir Deutschen ticken aber anscheinend anders. Unsere Denkweise ist nicht unternehmerisch geprägt sondern eher wie die einer Versicherung. Für uns stehen nicht die Chancen im Fokus, sondern die Risiken. Die Aussicht, Unternehmer sein zu können, erfüllt die meisten Deutschen nicht mit einem guten Gefühl, sondern mit Unbehagen und mit Verpflichtungen. Auch deswegen ist die Bereitschaft, Aktien zu kaufen, wahrscheinlich sehr gering. Den Asiaten und den Amerikanern kommt diese „German Angst“ entgegen und sie beteiligen sich nur zu gern an unseren gut laufenden Unternehmen.
Zum Schluss möchten wir dann noch einmal die Kurve zur Politik schlagen: Wenn also auch in 10 Jahren das politische Statement „Die Rente ist sicher“ noch vom Podium geschmettert werden sollte, dann wird es höchste Zeit, größere Anstrengungen zu unternehmen, die heimische Aktienkultur zu fördern. Nur so lässt sich sowohl bei der gesetzlichen Rente als auch bei der privaten Vorsorge eine Rendite erzielen, mit der man den Ruhestand ohne Geldsorgen angehen kann.
Wir wünschen Ihnen ein sonniges Wochenende.
Herzliche Grüße
Ihr STANSCH Team