Von einem Finaleinzug war die Deutsche Nationalmannschaft bei der WM in Russland so weit entfernt, wie die Erde vom Mond. Während Jogis-Jungs in der Nähe von Moskau ihre Koffer packten, fand in Karlsruhe ein Endspiel statt …
Der Bundesgerichtshof {BGH} – eine der höchsten richterlichen Instanzen in Deutschland – hat ein Urteil bzgl. der Bewertungsreserven von Lebensversicherungen gefällt. Auf nationale Ebene sind die Entscheidungen des BGH ein „juristisches Endspiel“, bei dem es nur einen Gewinner gibt.
Zum Fall
Viele Verbraucher hatten geklagt, weil ihre Lebensversicherungen, die in der aktuellen Niedrigzinsphase auslaufen, deutlich weniger Geld abwerfen, als lange kommuniziert.
Hintergrund sind die anhaltend niedrigen Zinsen. In der Vergangenheit haben die Versicherer ihren Kunden auf lange Sicht gute Zinssätze garantiert. Nun haben sie Schwierigkeiten, diese Zusagen einzuhalten. Denn wenn sie das Geld ihrer Kunden jetzt am Kapitalmarkt anlegen, bringt das nicht mehr so hohe Gewinne wie früher. Leider sind die deutschen Versicherungen auch verpflichtet, einen Großteil der Kundengelder in Staatsanleihen zu investieren, die teilweise schon negative Renditen ausgewiesen haben. Ausscheidenden Versicherten steht eine Beteiligung an den sogenannten Bewertungsreserven zu, denn die Gewinne wurden mit ihrem Geld erwirtschaftet. Das Problem: Um ihren Anteil auszahlen zu können, müssen die Unternehmen die Anleihen am Markt zu Geld machen – aus Sicht des BGH zum Nachteil aller Versicherten mit neueren Verträgen.
Der Gesetzgeber hat diese Ausschüttungen deshalb bereits 2014 gedeckelt. Seither dürfen Alt-Kunden bei Vertragsende nur noch so viel bekommen, dass die Garantiezusagen für alle übrigen Versicherten nicht gefährdet sind. Die Gewinne aus Immobilienanlagen und Aktiengeschäften werden nicht gekappt. Die Beteiligung an den Bewertungsreserven ist auch nur eine Komponente der Gesamtverzinsung – neben Garantiezins, laufendem Zinsüberschuss und Schlussüberschuss.
Der Kunde, dessen Fall in Karlsruhe verhandelt wurde, hatte beispielsweise wegen der Reform anstelle der einmal in Aussicht gestellten 2821,35 Euro nur 148,95 Euro aus den Bewertungsreserven erhalten. Insgesamt bekam er etwa 47 600 Euro statt 50 275 Euro.
Nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber damit seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, auch wenn die Neuregelung einzelne Kunden möglicherweise hart treffe.
Der Fall zeigt, dass die Lage in der Versicherungsbranche nicht zu unterschätzen ist und das Niedrigzinsumfeld weitreichende Folgen mit sich bringt. Vor einem Neuabschluss von deutschen Lebensversicherungen raten wir daher bereits seit einigen Jahren ab. Der Bund der Versicherten {BdV} erwägt jetzt eine Klage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Quasi der nationale Sportgerichtshof – um noch einmal die Brücke zum Fussball zu schlagen – bei dem man Ergebnisse „am grünen Tisch“ noch einmal neu verhandeln kann.
Wir gehen nicht davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht zu einem komplett anderen Ergebnis kommen wird. Gleichwohl ist die Wahrscheinlichkeit höher, als das Deutschland in 14 Tagen einen fünften Stern auf dem Trikot hat.
Ein sonniges Wochenende wünscht Ihr Stansch-Team