Wir erleben momentan, wie sich die Welt massiv ändert. Ein starker Umbruch – in vielerlei Hinsicht. Eine Weltmacht betreibt Deglobalisierung – anstatt gemeinsam mit Partnern die Herausforderungen anzunehmen. Die Folge: Die USA werden in Kürze ihre Vormachtstellung in der Welt verlieren. Menschliche Arbeit wird von Maschinen übernommen. Daten sind die neuen Rohstoffe. Die Schnelligkeit dieses Wandels ist atemberaubend. Dass uns das Angst macht, ist menschlich. Das schlimmste wäre jedoch, in eine Schockstarre zu verfallen. Historisch betrachtet gab es immer wieder Wendepunkte. Auch jetzt befinden wir uns in einer solchen Zeit. Anleger und strategische Investoren müssen sich darauf einstellen. Und Europa {im Allgemeinen} sowie Deutschland {im Speziellen} müssen aufpassen.
Handelsstreit kennt nur einen Gewinner
Wir erleben gerade den Sturz der USA als globale Wirtschaftsvormacht. In maximal zehn Jahren werden sie von China als größte Volkswirtschaft der Welt abgelöst. Damit einher geht die Transformation Chinas von der „billigen Werkbank der Welt“ zu einer binnenwirtschaftlich orientierten Volkswirtschaft. Gestiegene Löhne, eine breitere Mittelschicht und eine zunehmende Urbanisierung treiben diesen Wandel voran. Hinzu kommt die Fokussierung auf Qualität anstatt Quantität und auf tiefere Wertschöpfungsketten mit höherwertigen, technologisch anspruchsvollen Produkten. Staatlich vorgegebene Entwicklungspläne, beispielsweise „Made in China 2025“, untermauern diesen Wandel. Ziel ist, in zehn klar definierten Zukunftsbranchen bis Mitte des kommenden Jahrzehnts die globale Technologieführerschaft inne zu haben und einen großen Teil der Wertschöpfungsketten im Land abzudecken; angefangen bei Künstlicher Intelligenz über neue Energien und Fahrzeugtechniken bis hin zu Medizin. Dafür wird der Forschung und Entwicklung sowie der Ausbildung junger Menschen höchste Priorität eingeräumt. Auch der Ausbau der „Neuen Seidenstraße“ und die Sicherung von Rohstoffvorkommen und landwirtschaftlichen Ressourcen – etwa durch ein stärkeres Engagement in Afrika – unterstützen den Aufstieg Chinas.
Und was machen die USA?
US-Präsident Trump hingegen versucht, den Wandel mit „America-first“ aufzuhalten – grundsätzlich nachvollziehbar, aber nicht zukunftsfähig. Anstatt alte Industrien zu schützen, sollte er sich lieber auf die Modernisierung der eigenen Volkswirtschaft und deren Angebotspalette konzentrieren. Auch als Nummer zwei der Weltwirtschaft wird noch ein genügend großer Anteil der globalen Gesamtproduktion auf die USA entfallen. Wozu US-Unternehmen in der Lage sind, hat zuletzt die Riege der führenden Technologietitel gezeigt, die den privaten Sektor in wesentlichen Teilen der Welt nahezu vollständig digitalisiert haben.
Europa und auch Deutschland spielen eine Nebenrolle
Bundeskanzlerin Merkel und andere beschwören bei der Digitalisierung den europäischen Weg – aber niemand weiß, wie genau der aussehen soll. Europa ist derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt und droht, wesentliche Entwicklungen zu verpassen. Der Haushaltsstreit mit Italien, die Frage der Verteilung von Flüchtlingsströmen, der Brexit oder die andauernde Diskussion über die Zukunftsfähigkeit des Euro lenken von der notwendigen Positionierung für die Zukunft ab. Und in Deutschland haben wir eigentlich keine Unternehmen, die den Platzhirschen aus den USA und China nur annähernd Paroli bieten können. Beim Blick auf den DAX fällt einem lediglich SAP ein. Stattdessen deformieren wir unsere Vorzeigebranchen wie z.B. Automobile fast im Alleingang. Aber wahrscheinlich ist das Auto „Made in Germany“ ohnehin kein Exportschlager für die Zukunft.
Wenn die Digitalisierung die Globalisierung ablöst
Deutschland und Europa sind für eine entscheidende Zeitenwende nicht gut aufgestellt: Den Übergang von der Globalisierung zur Digitalisierung. Initial gezündet aus dem Silicon Valley eroberten Apple, Amazon, Facebook & Co. die Welt. Verspätet, dafür aber umso schneller und sehr konsequent, stellte China die Weichen für die digitalisierte Zukunft. Vielleicht kann der deutsche Mittelstand noch davon profitieren – für die deutschen Großunternehmen könnte es schon zu spät sein.
Was bedeutet das für Investoren?
Wer auch der Meinung ist, dass die Digitalisierung nicht aufzuhalten ist, sollte möglichst weltweit investiert sein. Wer nur den Fokus auf Deutschland und Europa legt, wird bei diesem Thema wenig Freude haben. Wir halten es an dieser Stelle mit Sir John Templeton, der schon vor vielen Jahren sagte: „Der einzige Investor, der nicht diversifizieren sollte, ist derjenige, der immer 100% richtig liegt.“
In diesem Sinne – ein schönes Wochenende
Ihr Stansch-Team