Was bringt die Zukunft – Ist die Coronakrise aus Aktionärssicht längst abgehakt?

Die Erholung an den Aktienmärkten erscheint angesichts des Wirtschaftseinbruchs schon fast surreal. Es ist normal, dass die Börse der Wirtschaftsentwicklung vorauseilt. Aber dass sie sich so stark abkoppelt, inmitten einer solchen Krise – das hat es noch nie gegeben. Viele Branchen sind am Boden, erholen sich nur langsam. Immer mehr Arbeitsplätze werden gestrichen. Und die große Pleitewelle dürfte wohl erst noch kommen. Auf den ersten Blick gibt es deshalb viele Gründe skeptisch zu sein: Immer neue Wellen von Corona- Infektionen (ohne einen Impfstoff in ausreichender Menge zu haben), nicht zu vergessen der Konflikt zwischen den beiden Großmächten China und USA – oder die innenpolitischen Probleme der USA, samt der bevorstehenden Präsidentschaftswahl, deren Ausgang und Folgen kaum absehbar sind…

Auf der anderen Seite erleben wir Hilfsprogramme von Notenbanken und Regierungen, die sich selbst der berühmte Ökonom John Maynard Keynes in seinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können. Nahezu jeder Wunsch, jedes Geldgeschenk lässt sich mit dem Hinweis auf Corona rechtfertigen und dank der niedrigen Zinsen problemlos finanzieren. In Ländern, in denen der Zins unter null liegt, bedeuten zusätzliche Schulden sogar einen Sonderertrag für den Staatshaushalt. Wenn etwa der deutsche Finanzminister eine zehnjährige Bundesanleihe im Volumen von zwanzig Milliarden Euro begibt, streicht er einen Emissionsgewinn von einer Milliarde ein. Und weil ein Ausstieg der Notenbanken aus der Tiefzinspolitik nicht mehr möglich ist, wird sich daran zukünftig kaum etwas ändern. Geht die Mehrheit der Investoren davon aus, dass der Zins tatsächlich tief bleibt, hat das gravierende Folgen für den Wert und damit das Kurspotential von Aktien.

Ganz wichtig dabei ist der Blick in die USA: Auch dort ist das Zinsniveau zuletzt deutlich gefallen; zeitweise brachten zehnjährige Staatsanleihen noch 0,6 Prozent Rendite. Das ist insofern wichtig zu wissen, weil US-Investoren bei der Bewertung von Aktien die Rendite von US-Staatsanleihen als den relevanten risikolosen Zins ansehen, also als maßgebliche Orientierungsgröße. Das gilt nicht nur in Bezug auf heimische Aktien, sondern auch für europäische oder japanische Titel. Anders ausgedrückt: Je niedriger der US-Zins, umso attraktiver erscheint der globale Aktienmarkt aus Sicht eines US-Investors. Davon profitieren dürften vor allem Aktien von Unternehmen, deren Erträge sich in der Krise als vergleichsweise widerstandsfähig erwiesen haben und die langfristig überdurchschnittlich gute Wachstumsperspektiven aufweisen. Diese Covid19-resistenten Aktien sind in besonderem Maße Nutznießer vom gefallenen Zinsniveau.

Kaum profitieren dürften dagegen die Krisen- Verlierer – Unternehmen, deren Produkte oder Dienstleistungen langfristig weniger stark nachgefragt werden (z. B. Fluggesellschaften), deren digitale Schlagkraft kaum ausreicht (z. B. traditionelle Warenhäuser) oder deren Geschäftsmodell durch digitale Alternativen unter Druck gerät (z. B. klassische Medien). Die niedrigen Zinsen helfen diesen Unternehmen allenfalls, die zukünftige Zinslast etwas zu mildern, was angesichts wegbrechender Erträge aber nur ein schwacher Trost ist. Dagegen profitieren die „Gewinner“ gleich doppelt: Zum einen über ein coronabedingt steigendes Wachstumspotenzial und zum anderen über einen möglicherweise deutlichen Anstieg der Bewertung. Die Frage ist, wie stark können die Bewertungen angesichts der niedrigen Zinsen in den kommenden Jahren noch steigen?

Zwei Faktoren, die ironischerweise beide durch die Coronakrise verstärkt werden, treffen aufeinander: Die dauerhaft niedrigen Zinsen und die sich abzeichnenden Wachstumsperspektiven einzelner Branchen beziehungsweise Unternehmen. Allein im ersten Quartal dieses Jahres wurden Millionen neuer Wertpapierkonten bei Brokern in den USA eröffnet. Viele Privatanleger haben den Börsencrash offensichtlich als günstigen Einstiegszeitpunkt gewertet. Die Nullzinssparkonten dürften die Entscheidung Aktien zu kaufen, deutlich erleichtert haben. Die rasche Erholung der Märkte und die teilweise spektakulären Kursgewinne einzelner Aktien haben diesen Trend verstärkt und im Laufe des Frühjahrs zunehmend das Spekulationsmotiv in den Vordergrund gerückt. Viele Anleger werden in den kommenden Jahren auf laufende Erträge angewiesen sein, um ihr Vermögen vor der Inflation zu bewahren – und deshalb sind Aktien als Anlageklasse unseres Erachtens alternativlos. Die zinslose Anlage auf dem Konto oder im Geldmarktfonds ist auf Dauer einfach zu „riskant“. Natürlich sollte das Geld nicht ausschließlich in Highflyer aus dem Technologiesektor investiert werden. Aktien zukunftsträchtiger Unternehmen mit soliden Bilanzen, wie sie zum Beispiel im Konsum- oder Gesundheitssektor zu finden sind, gehören ebenfalls in ein breit aufgestelltes Depot, das Werterhalt und langfristiges Wachstum kombinieren soll.

Sollte sich die Coronakrise weiter verschärfen, würde das ironischerweise die Attraktivität solcher Aktien weiter erhöhen, weil weitere, von den Notenbanken finanzierte Hilfspakete geschnürt werden müssten. Falls durch die Geldflut irgendwann doch die Inflation geweckt wird, käme die Flucht in Sachwerte noch als zusätzliches Anlagemotiv hinzu. Letztlich könnte dieses Motiv sogar das wichtigere sein, denn ohne Inflation werden die gewaltigen Schuldenberge nicht abgebaut werden können. Die Kombination aus hoher Inflation und künstlich tiefen Zinsen wäre zwar ein Traumszenario für Qualitätsaktien, aber eines mit bitterem Beigeschmack, denn viele Menschen, die ihr Geld vorzugsweise auf Bankkonten und Sparbüchern haben, würden Schritt für Schritt enteignet. Auch Gold würde als liquider Sachwert von höheren Inflationsraten profitieren. Der extreme Anstieg der Staatsverschuldung, das Dauertiefzinsumfeld und die Sorge vor Inflation machen Gold als „sicheren Hafen“ für viele Anleger attraktiv. Wir betrachten Gold als Schutz gegen Inflation und mögliche Krisen des Finanzsystems. Wir sind froh, eine solche Versicherung zu haben. Noch lieber wäre uns, wir müssten sie nicht in Anspruch nehmen.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Ihr Stansch-Team

 

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