Die Silicon Valley Bank musste in den vergangenen Tagen Insolvenz anmelden. Bei vielen Anlegern werden Erinnerungen an die Finanzkrise 2008 wach, als die US-Investmentbank Lehman Brothers in Konkurs ging. Sind die Ängste begründet?
Wir denken nein, auch wenn man sicherlich einige Parallelen zu damals finden könnte. So wurden auch bei der Silicon Valley Bank grobe Fehler im Risikomanagement begangen. Es gehört zur Ausbildung im Bankwesen, zu erkennen, welches Risiko in der Transformation kurzfristiger Kundeneinlagen in langfristige Kredite und Anleihen liegt. Wenn es sich darüber hinaus um Anlagen handelt, die zwar als sicher gelten, aber Kursschwankungen unterliegen, ist dieses Risiko natürlich umso größer. Es handelt sich aus unserer Sicht nicht um einen Systemfehler, sondern eindeutig um einen Fehler des Managements!
Anfang der Woche kam dann auch die Nachricht des Deutschen Sparkassenverbandes, dass die 360 Sparkassen insgesamt ca. 8 Milliarden Euro auf Grund der Zinsanstiege abschreiben müssen. Der große Unterschied zu der insolventen Bank in den USA liegt aber darin, dass die Sparkassen-Kunden nicht massiv ihre Einlagen abziehen. Die Silicon Valley Bank musste ihre Anleihen mit Kursverlusten verkaufen – die Sparkassen können sie in der Regel bis zum Ende weiterhalten und die Korrektur aussitzen.
Positiv zu sehen war, dass die US-Behörden sehr schnell auf die Pleite reagiert haben und binnen kürzester Zeit sämtliche Einlagen garantiert haben. Darüber hinaus hat die US-Notenbank Federal Reserve bereits ein neues Kreditprogramm für Banken aufgelegt, auch um weitere Schieflagen zu vermeiden. Die Botschaft lautet: Die Statik des Finanzsystems darf und wird nicht angegriffen werden. Während man 2008 mit der Pleite von Lehman Brothers ein Exempel statuieren wollte und dadurch eine Kettenreaktion ausgelöst hat, haben die Regulatoren diesmal ihre Hausaufgaben gemacht. Gleiches gilt für viele Banken, deren Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung heute deutlich besser ist als vor 15 Jahren.
Die große Frage, die aktuell an den Märkten diskutiert wird: Was passiert jetzt mit den Zinsanstiegen? Notenbank-Chef Jerome Powell hat in den vergangenen Wochen fast gebetsmühlenartig wiederholt, dass die höheren Zinsniveaus für viele schmerzhaft seien und der Kampf gegen die Inflation nicht ohne Schäden zu bewältigen wäre. Ein solcher Schaden ist die Pleite der Silicon Valley Bank – genau wie die Insolvenz einiger britischer Pensionskassen, die Ende September von der Bank of England gerettet werden mussten. Und es wird leider noch weitere Pleiten geben – dafür muss man kein großer Visionär sein.
Es stellt sich die Frage: Wie groß dürfen die Schäden aus Perspektive der weltweiten Notenbanken noch werden, ehe sie an ihrer Anti-Inflationspolitik rütteln? Fakt ist: Je eher die US-Notenbank im Kampf gegen die Teuerung von ihrem Kurs abweichen muss, umso schwieriger wird es für Jerome Powell, sein Versprechen zu halten, erst dann Ruhe zu geben, wenn die Inflation besiegt sei.
Ob Powell oder die Inflation gewinnen, werden wir in den kommenden Wochen und Monaten beobachten können.
Herzlichst, Ihr Stansch-Team