Die Beziehung zwischen China und dem Westen hat sich in der letzten Zeit verändert und wird von Misstrauen überschattet. Jahrelang war der Westen begeistert von den unendlich scheinenden ökonomischen Möglichkeiten. In China stellt sich die Situation etwas anders dar.
Für Beobachter aus dem Westen wirkt die aktuelle geopolitische sowie ökonomische Situation in China bedrohlich: die chinesischen Schlagzeilen werden bestimmt von dem sich immer weiter zuspitzenden Taiwan-Konflikt, der schwächelnden heimischen Wirtschaft sowie den scheinbar massiven Problemen auf dem Immobilienmarkt.
Beobachter, die vor Ort sind, schildern die Situation etwas anders: Fährt man z.B. mit dem Taxi durch Shanghai, fällt einem zuerst die Infrastruktur ins Auge, die die in den westlichen Staaten mitunter deutlich übertrifft. Das Bild der frühen 2000er-Jahre ist veraltet. Man erinnert sich an ein heilloses Durcheinander: Verkehrschaos mit unendlich vielen Mofas, überfüllte und unhygienische Straßenmärkte und laut hupende, stinkende Kleintransporter. All das ist Geschichte. Der Verkehr pulsiert gleichmäßig, aber bei weitem nicht mehr so stark; das Stadtbild ist vielmehr grün als grau mit vielen Parks und Alleen. Ein großer Teil der Autos auf den Straßen wird von E-Motoren – vielfach chinesischer Bauart – angetrieben, auch die Taxen.
Als China-Besucher kommen Sie heutzutage mit Englisch nicht mehr weit – nicht mal in der Metropole Shanghai. Wer kein Mandarin spricht, braucht einen Übersetzer. Das sah in der Vergangenheit einmal anders aus. Auch westliche Kreditkarten werden kaum noch akzeptiert. Für die Bezahlung z.B. von Fahrkarten etwa für die U-Bahn oder die Rechnung im Restaurant, braucht man Alipay oder WeChat-Money – am besten verlinkt mit einem chinesischen Konto.
Die einst im Westen berüchtigten chinesischen Reisegruppen wurden von Jahr zu Jahr mehr – bis Corona kam. Seitdem bleiben die Chinesen, auch auf Druck der Parteiführung, daheim und reisen immer weniger.
Insbesondere bei jungen Menschen scheint die gefühlte Distanz deutlich größer als früher, wenn man sie auf den Westen anspricht. Sie sind davon überzeugt, dass die westlichen Industrienationen vor allem eines haben: Angst, ihre Macht und ihren Einfluss zu verlieren.
2007/08, kurz nach Ausbruch der Finanzkrise, haben Ökonomen über eine mögliche Entkopplung der Schwellenländer von den Industrienationen diskutiert. Dabei wurde insbesondere China als Konjunkturlokomotive hervorgehoben. Die Weltwirtschaft ist weiter verschmolzen und die Globalisierung näherte sich ihrem Höhepunkt. 2023, zwei US-Präsidenten (Trump und Biden), eine Pandemie und ein Krieg in der Ukraine später, ist China auf dem Weg der Deglobalisierung. Von dem Traum, dass der Weg Chinas nur mit Produkten und Dienstleistungen aus dem Westen weitergehen kann, ist ausgeträumt. Die Realität zeigt ein anderes Bild: Der „Westen“ wird nicht mehr in die Zukunftsüberlegungen einbezogen und muss um einen Platz am Tisch der Weltpolitik- und wirtschaft kämpfen.
Willkommen in der neuen Realität : Herzlichst, Ihr Stansch-Team