ETF : Mit Risiken und Nebenwirkungen

Wie bei jedem Börsenaufschwung sind die Zeitungen voll mit Expertenmeinungen zum Thema Geldanlage. Selbst die Bildzeitung hat eine Serie dazu gestartet und empfiehlt – natürlich – die passiven Indexfonds ETFs. Aber eigentlich ist es keine Empfehlung – für die Bewertung von „Risiken und Nebenwirkungen“ muss der Anleger selbst Sorge tragen oder sich Hilfe holen.

Die Zahlen sprechen für sich: Gerade in der Pandemie und dem anhaltenden Börsenboom erhalten ETFs enormen Zuspruch. So verzeichnete die Branche weltweit im vergangenen Jahr ein Nettomittelaufkommen von 756 Milliarden Dollar, wie der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock berechnet hat. Ein neuer Rekordwert, der den bisherigen von 660 Milliarden Dollar im Jahr 2017 deutlich übertraf. Allein 410 Milliarden Dollar steckten private und institutionelle Anlegerinnen und Anleger laut Blackrock 2020 in passive Aktienfonds. Fonds mit Fokus auf den Anleihenmarkt erhielten 257 Milliarden Dollar und Rohstoffprodukte weitere 64 Milliarden Dollar.

Anleger, die sich tatsächlich für einen Indexfonds oder ETFs entscheiden wollen, sollten allerdings auch die Risiken und Schattenseiten kennen, die mit diesem Anlagetypus verbunden sind. Hier ein Überblick:

 

Risiko 1: ETF verleiten zum Zocken

Experten halten es in der Regel für sinnvoll, bei der Geldanlage eine ruhige Hand und einen langen Atem zu haben. Sprich: Einmal getätigte Investments sollten möglichst selten angefasst und geändert werden. So lassen sich zwischenzeitige Turbulenzen überstehen und die Transaktionskosten gering halten. Die niedrigen Kostensätze von ETFs können allerdings dazu verführen, von dieser Faustregel abzuweichen: Die Indexfonds können mit wenig Aufwand schnell und unkompliziert ge- und verkauft werden. Die Gefahr eines solch umtriebigen Verhaltens liegt allerdings auf der Hand: Anleger drohen, den Ereignissen immer hinterherzulaufen, mit dem Ergebnis, dass am Ende nicht die Performance, sondern die Verluste maximiert werden.

Die Gefahr, sich zur Zockerei animieren zu lassen, wird zudem noch gesteigert, weil die Investmentindustrie ETFs inzwischen in verschiedenen Varianten anbietet. So gibt es Fonds, die einen Hebel bieten, so dass die Performance des zugrunde liegenden Index beispielsweise verdoppelt oder sogar verdreifacht wiedergegeben wird. Ebenso gibt es sogenannte Short-ETFs, die die Performance ihres Referenzindex praktisch umkehren und sich daher für Wetten auf fallende Kurse eignen. Privatleute, die an einer soliden, langfristigen Vermögensbildung interessiert sind, sollten von solchen Exotenfonds aber die Finger lassen.

 

Risiko 2: Erwirbt mein ETF die Aktien?

Grundsätzlich wird zwischen zwei verschiedenen Typen von ETFs unterschieden, den sogenannten physisch replizierenden Fonds und den Swap-basierten. Tückisch kann insbesondere das Investment in einen Swap-basierten ETF sein. Diese Fonds erwerben nicht die Aktien, die sich im zugrundeliegenden Index befinden. Stattdessen schließen sie mit einem Partner, beispielsweise einer Bank, einen Vertrag ab, der ihnen die Performance des Index garantiert.

Damit verbunden sind zwei Aspekte, die Investoren zumindest kennen sollten. Punkt eins ist das Kontrahentenrisiko: Sollte der Swap-Partner (Kontrahent) des Fonds seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, können für Anleger Verluste entstehen, denn der Swap ist nicht Teil des Fonds-Sondervermögens, für das es aus Anlegersicht eine Absicherung gibt.

Punkt zwei ist die Intransparenz der Kosten, die dem Fonds durch den Abschluss des Swap-Vertrages entstehen. Diese Kosten sind in der Regel für die Anleger kaum nachvollziehbar. Da viele Fondshäuser entsprechende Swap-Vereinbarungen jedoch mit Muttergesellschaften im eigenen Konzernverbund abschließen, besteht per se die Gefahr von Interessenskonflikten, die auf Kosten der Fondsanleger gehen können.

 

Risiko 3: ETFs bei speziellen Themen

Was ist beispielsweise, wenn jemand seinem Portfolio gezielt aussichtsreiche Biotech-Titel beimischen will? Wenn er Wasserstoff als Zukunftsthema sieht? Oder in Immobilienfirmen in Osteuropa investieren möchte? Dann sind Experten gefragt! Fachleute mit Expertise und Erfahrung auf dem fraglichen Gebiet, die idealerweise auch über ein persönliches Netzwerk in der jeweiligen Branche oder Region verfügen. Anleger, die solche Beimischungen im Anlagedepot wünschen, sollten also zunächst recherchieren, wo ihnen diese Expertise am ehesten geboten wird – und im Zweifel auch bereit sein, dafür den entsprechenden Preis in Form von Fondsgebühren zu zahlen.

Risiko 4: Vorsicht bei ähnlich klingenden Produkten

Seit geraumer Zeit werden in einem Zuge mit ETFs, also Exchange Traded Funds, auch ETCs {Exchange Traded Commodities, für das Investment in Rohstoffe wie Gold} sowie ETNs {Exchange Traded Notes} verkauft. Bei Letzteren handelt es sich aber nicht wie bei ETFs um gesicherte Sondervermögen mit geringem Ausfallrisiko. ETCs sowie ETNs sind vielmehr Inhaberschuldverschreibungen, bei denen der Investor das Risiko einer Emittentenpleite trägt. Hier ist absolute Vorschicht geboten!

 

Auf ein Wort

Abgesehen von den genannten Punkten, die unmittelbar mit den Fonds und dem Investment des Anlegers zu tun haben, gibt es übergeordnete Problemfelder, über die im Zusammenhang mit ETFs und Indexfonds ebenfalls diskutiert wird. Auch diese sollten Investoren, die sich für diese Fonds entscheiden, kennen. Denn mit ihrem Investment werden sie Teil dieser Problemstellungen.

Eine Debatte dreht sich etwa um die Frage, ob der Vormarsch von Indexfonds und ETFs die Funktionsweise des Aktienmarktes und anderer Bereiche der Finanzwelt grundsätzlich gefährdet. Kritiker warnen, dass die Kursausschläge an der Börse in die eine oder andere Richtung künftig heftiger zu werden drohen, weil immer mehr Geld „blind“ in die eine oder andere Richtung bewegt wird. Dabei gehen die Computer rein nach ihren Vorgaben und Algorithmen vor – ohne dass sich noch ein verantwortlicher Manager oder ein Team Gedanken darüber machen würde. Ein prominentes Beispiel ist Scalable. Der größte ETF-Robo-Advisor am Markt hat 2020 nicht eine Strategie im Plus gehabt. Bei Ausbruch der Pandemie haben die Computer das Handeln übernommen und zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt verkauft.

Markttheoretiker sehen auch die Gefahr, dass Finanzmärkte bald nicht mehr effizient funktionieren könnten. Denn eine Voraussetzung für eine vernünftige Preisbildung sei, dass ausreichend bewusste Kauf- und Verkaufsentscheidungen getroffen würden. Indexfonds jedoch machen sich keine Gedanken über ihre Transaktionen – sie führen einfach aus, was die Indexanbieter ihnen vorgeben.

Was gibt es noch zu beachten? Indexfonds sind durch ihr Volumen auch stimmberechtigt bei Hauptversammlungen der Aktiengesellschaften. Bei der Ausübung ihrer Stimmrechte verhalten sie sich aber ebenfalls passiv. Mit zunehmender Bedeutung von Indexfonds schwindet die Einflussnahme der Aktionäre auf das Management der Unternehmen. Ein wichtiges Regulativ für den langfristigen Erfolg der Firmen droht auf diese Weise entscheidend geschwächt zu werden.

Wer gerne in ETFs investieren möchte, kommt um eine genaue Prüfung der Anbieter und Anlagen nicht umher. Spätestens wenn die Börsen korrigieren oder manche Hypes zu einem Strohfeuer werden, trennt sich auch hier die Spreu vom Weizen.

Ein schönes Wochenende wünscht

Ihr Stansch-Team

 

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