2020 sind die Technologie-Aktien kräftig gestiegen. Wenn man sich so umhört, kommen bereits bei einigen Investoren die Erinnerungen an die Jahrtausendwende hoch.
Fakt ist: Ohne Aktien erhalten langfristig orientierte Anleger keine auskömmliche Rendite mehr. Wir wissen aber auch, dass ein Herdentrieb an den Aktienmärkten oft zu Fehlallokationen führt. Auch vor 20 Jahren haben immer mehr Leute an das Gleiche geglaubt und danach gehandelt. Die Gefahr, dass es anders kommt als gedacht, ist groß. Besteht also die Möglichkeit, dass auf die Rally der Crash folgt?
Aus unserer Sicht können drei Faktoren einen kräftigen Rücksetzer an den Aktienmärkten hervorrufen:
Die Unternehmensgewinne brechen nachhaltig ein
Die Zinsen steigen
Die Bewertungen der Unternehmen waren überzogen
Die Regierungen haben signalisiert, im Kampf gegen eine mögliche Rezession nicht nachzulassen und, wenn die Lage es erfordert, den Bürgern und der Wirtschaft mit weiteren Hilfspaketen unter die Arme zu greifen. Damit verbundene Haushaltsdefizite und eine weitere Zunahme der Schulden werden in Kauf genommen, wobei die Staaten argumentativ von vielen Wissenschaftlern unterstützt werden, die das daraus resultierende Schuldenproblem für beherrschbar erachten.
Die Notenbanken haben ihrerseits unmissverständlich ihre Bereitschaft bekundet, für günstige Finanzierungsbedingungen zu sorgen, um die Last etwaiger Konjunktur – beziehungsweise Hilfsprogramme zu begrenzen. EZB-Chefin Christine Lagarde hat die Regierungen sogar dazu aufgefordert, das billige Geld zu nutzen, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Zinserhöhungen sind deshalb auf lange Sicht ausgeschlossen und deutlich steigende Renditen bei Anleihen, die sich negativ auf die Bewertung von Aktien auswirken würden, ebenfalls nicht zu erwarten.
Das dritte Risiko einer viel zu hohen Bewertung ist unmittelbar mit den beiden ersten Risiken verbunden. Bei unveränderten Kursen werden Aktien teurer, wenn die Gewinne fallen und die Zinsen steigen. Die im globalen Aktienindex MSCI Welt enthaltenen Unternehmen werden aktuell mit dem rund zwanzigfachen der für die kommenden zwölf Monate erwarteten Gewinne bewertet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Analysten bei ihren Gewinnschätzungen eine deutliche Erholung der Gewinne gegenüber 2020 unterstellen. Sollten sich diese Erwartungen als einigermaßen zutreffend erweisen, wären Aktien im historischen Kontext zwar nicht besonders billig, aber weit entfernt von den Bewertungsexzessen zur Jahrtausendwende. Nicht zu vergessen das niedrige Zinsniveau – anders als damals gibt es heute praktisch keine Anlagealternativen mehr.
Aber was ist jetzt mit den Technologie-Aktien?
Ein Index wie der o.g. MSCI World ist ein Durchschnittswert. Er zeigt den Anlegern eine allgemeine Tendenz – schaut aber nicht auf die einzelnen Werte bzw. geht nicht in die Tiefe. So sind vor allem die Bewertungen von Technologieunternehmen, deren Indexgewicht in den vergangenen Jahren stetig zugenommen hat, stark gestiegen. Das Jahr 2020 wirkte für diese Digitalisierungsgewinner als Trendbeschleuniger, was Investoren dazu bewogen hat, jeden Dollar Umsatz und Gewinn von heute, im Vertrauen auf eine glorreiche Zukunft der Unternehmen, immer großzügiger zu bewerten.
So sind die teilweise spektakulären Kursgewinne einzelner Technologiewerte vor allem Ausdruck eines steigenden Optimismus, der – ob gerechtfertigt oder nicht – die Messlatte für das zukünftige Umsatz- und Gewinnwachstum höher legt. Auch die vielen, zum Teil aufsehenerregenden Börsengänge mit bis zu dreistelligen Kursgewinnen am ersten Handelstag, wecken Erinnerungen an die Technologieblase zur Jahrtausendwende.
So hat die Covid-Krise nicht nur der digitalen Revolution einen Schub verliehen, sondern auch deren Antizipation durch die Börse beschleunigt und vielen Unternehmen einen Börsenwert verschafft, der erst einmal verdient werden muss.
Steht der Crash bevor?
Ein bisschen sollte man dann doch differenzieren. Anders als zur Jahrtausendwende sind es diesmal nicht nur euphorisierende Mitteilungen, die die Kurse von Technologiewerten treiben, sondern das langfristige Umsatz- und Ertragspotenzial. Zudem tragen die niedrigen Zinsen dazu bei, dass höhere Bewertungen an den Aktienmärkten „normaler“ werden. Man könnte also sagen, dass die Zukunft heute einfach teurer ist als in der Vergangenheit. Dies ist der wesentliche Grund, warum die Bewertungen von Unternehmen mit langfristig hervorragenden Wachstumsaussichten überdurchschnittlich stark gestiegen sind.
Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass enttäuschende Geschäftsentwicklungen fast zwangsläufig zu überproportionalen Bewertungsrückgängen und damit stark fallenden Aktienkursen führen. Dies betrifft nicht nur Aktien aus dem klassischen Technologiesektor, sondern auch Unternehmen im Bereich Medizintechnologie, Fintechs und sogar einzelne Industrie- und Konsumwerte.
Deshalb gilt es, eine Balance zu wahren zwischen hoch bewerteten Unternehmen mit besonders guten Wachstumsperspektiven und Unternehmen mit robusten Erträgen, aber bescheidenem Wachstumspotenzial, deren Bewertung entsprechend niedriger ist.
Herzlichst, Ihr Stansch-Team