In unseren aktuellen Anlegerinformationen haben wir die Schwankungen im ersten Halbjahr 2018 als politische Turbulenzen betitelt. Ein US-Präsident wie Donald Trump macht es einem auch nicht besonders schwer, die Gründe für temporäre Rückgänge zu erklären. Transparenter war der internationale Austausch zwischen den Regierungen noch nie. Mitunter können wir zeitgleich {via Twitter} die Aussagen und Forderungen von Trump mitverfolgen und sind manchmal genauso schnell überrascht, wie Angela Merkel in Berlin.
Die Medien haben erkannt, dass politische Börsen „kurze Beine haben“ und keinen Grund für einen nachhaltigen Trendwechsel an den Märkten liefern. Ein neues Gespenst ist aber schnell gefunden: die Rezession. Während man sich noch Anfang Januar Gedanken über eine konjunkturelle Überhitzung und die Zinswende machte, sind plötzlich die Schlagzeilen voll von einer drohenden Abschwächung der Wirtschaft. Grund sollen die Zinsen in den USA in Kombination mit dem Handelskonflikt sein. Dass dabei aber wichtige Details übersehen werden, scheint kaum jemanden zu stören.
Denn das Gerede von einer Rezession ist mindestens so fahrlässig wie das Gerede von der Zinswende. In letzter Konsequenz sorgt es für verunsichert Anleger, die überhastete Entscheidungen treffen. Kann überhaupt ein Faktor wie die Zinskurve oder der Handelskonflikt eine konjunkturelle Abkühlung hervorrufen? Wir glauben, dass diese isolierte Betrachtungsweise nicht ausreichend für eine fundierte Meinungsbildung ist.
Schauen wir uns die Zinsen in den USA an:
Momentan liegt die Rendite von zehnjährigen US-Staatsanleihen bei 2,86%. Zweijährige Titel rentieren bei 2,53%. Wenn die Renditen von langfristigen Anleihen nicht signifikant höher sind als die von Kurzfristigen spricht man in der Praxis von einer flachen Zinsstrukturkurve. Aber warum ist diese Zinsstrukturkurve so flach? Das könnte daran liegen, dass die Realwirtschaft in den USA momentan sehr gut läuft und die US-Notenbank verleitet wird, die kurzfristigen Zinsen Schritt für Schritt anzuheben. Ein logisches Ziel wird sein, wieder etwas „Wasser unter dem Kiel zu haben“, sollte es wirklich einmal zu einer Rezession kommen. Zeitgleich steigen aber die {deutlich wichtigeren} langfristigen Zinsen nicht analog mit an. Grund hierfür könnten die extrem tiefen Zinsen in Europa und in Japan sein, die einen möglichen Anstieg in den USA hemmen.
Eine flache Zinskurve ist nicht zwangsläufig ein Problem. Solange die Zinsen am langen Ende {z.B. für zehnjährige Anleihen} nicht niedriger als die am kurzen Ende sind. Das ist ein wichtiges Detail, das in der aktuellen Diskussion übersehen wird. Vielleicht, weil sonst die knallige Schlagzeile mit der Rezession nicht mehr funktionieren würde. Flache Zinsstrukturkurven können durchaus einhergehen mit einem Aufschwung der Wirtschaft und boomenden Aktienmärkten. Das war in den USA z.B. in den 1990er Jahren der Fall.
Um Rezessionsgefahren erkennen zu können, gilt es vielmehr, einige Faktoren in Kombination zu beobachten: Wenn wir in den nächsten Quartalen eine massive Stärke im Dollar sehen, wenn wir einen Einbruch bei den Bankaktien erleben und wenn dann noch die Industrierohstoffe zur Schwäche neigen, dann müssten wir uns sehr wohl Gedanken über die weitere wirtschaftliche Dynamik machen. Aber nicht bloß, weil wir eine Zinskurve in den USA haben, die sich abflacht und ein politischer Konflikt den Welthandel tangiert.
Fazit: Für uns gibt es momentan keine eindeutigen Anzeichen für eine kurzfristig bevorstehende Rezession. Lassen Sie sich daher von einzelnen Indikatoren nicht in die Irre führen und vertrauen Sie einer soliden, weltweiten Anlagestruktur!
Wir wünschen Ihnen ein sonniges Wochenende.
Herzlichst, Ihr Stansch-Team